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84. Bayerischer Ärztinnen- und Ärztetag fordert umfassende Reformen im Gesundheitswesen

Die Delegierten des 84. Bayerischen Ärztinnen- und Ärztetags haben die gesundheitspolitische Debatte am ersten Tag ihrer Arbeitssitzung dazu genutzt, um auf den dringenden Reformbedarf im Gesundheitswesen hinzuweisen. In ihrem Beschluss „Für ein krisenfestes und nachhaltiges Gesundheitswesen“ heißt es wörtlich:

„Die Gesundheitsversorgung in Bayern und Deutschland steht vor erheblichen Herausforderungen: Die demografische Entwicklung, der zunehmende Fachkräftemangel, die angespannte finanzielle Lage der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie globale Bedrohungen machen tiefgreifende Reformen in allen Versorgungsbereichen unabdingbar. Der Erhalt eines freiheitlich geprägten und zugleich solidarischen Gesundheitswesens erfordert ein durchdachtes gesundheitspolitisches Konzept, das nicht nur Ausgaben, sondern auch den Zugang zu den Versorgungsebenen gezielt steuert, Ressourcen effizient nutzt und zugleich die ärztli-che Niederlassung sowie die ärztlichen Arbeitsbedingungen in Krankenhäusern attraktiver gestaltet“.

Reformbedarf im ambulanten Bereich

Für die ambulante Versorgung forderten die Delegierten unter anderem eine gezielte Förderung ärztlicher Niederlassungen, den Abbau überbordender Bürokratie, sowie die Entbudgetierung fachärztlicher Leistungen. Zudem sprachen sie sich für die Einführung eines Primärarztsystems aus, das die hausärztliche Versorgung stärkt und Hausärztinnen und Hausärzte in der Regel zur ersten Anlaufstelle für Patientinnen und Patienten macht. Eine strengere Regulierung investorengetragener Medizinischer Versor-gungszentren sei ebenfalls notwendig. Transparenzpflichten, Beteiligungsobergrenzen und eine klare Zuordnung von Trägerschaften sollen monopolartige Strukturen verhindern, die ärztliche Entscheidungsfreiheit sichern und die Versorgung stärker am tatsächlichen Patientenbedarf ausrichten.

Krankenhausfinanzierung neu denken

Mit Blick auf die stationäre Versorgung forderte der 84. BÄT, dass Bund und Länder im laufenden Reformprozess der Krankenhausstrukturen sicherstellen, das bestehende DRG-System schrittweise abzulösen. Anseine Stelle müsse ein bedarfsorientiertes Finanzierungssystem treten, das die tatsächlichen Vorhaltekosten für Infrastruktur, Personal und Technik berücksichtigt. Nur so könnten Fehlanreize durch Fallpauschalen beendet, die Daseinsvorsorge gestärkt und die Arbeitsbelastung des medizinischen Personals reduziert werden.

Weitere zentrale Forderungen

Darüber hinaus verlangten die Delegierten eine rasche Reform der ärztlichen Approbationsordnung, eine krisenresiliente Ausgestaltung des Gesundheitswesens, sowie die konsequente Herausnahme versicherungsfremder Leistungen aus dem Leistungskatalog der GKV. Letztere müssten künftig über den Bundeshaushalt finanziert werden.

Dr. Gerald Quitterer, Präsident der BLÄK, forderte außerdem, die vorhandenen Strukturen in den Praxen zu stärken. Anstatt ärztliche Leistungen zunehmend auf andere Berufsgruppen zu verlagern, gelte es, die in den Praxen vorhandenen Kapazitäten zu berücksichtigen. „Wir sollten Teampraxen fördern, in denen beispielsweise qualifizierte Medizinische Fachangestellte die Versorgung unterstützen. So lassen sich Ressourcen optimal nutzen. Entscheidend ist, dass wir selbst bestimmen, in welchen Bereichen wir Entlastung benötigen und wie diese ausgestaltet werden soll“, so Quitterer.

Hintergrund
Der Bayerische Ärztinnen- und Ärztetag ist die Delegiertenversammlung der BLÄK. Die 63 Ärztlichen Kreis- und acht Bezirksverbände sowie die sechs medizinischen Fakultäten der Landesuniversitäten entsenden insgesamt 180 Delegierte zu der mindestens einmal im Jahr tagenden Versammlung.

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