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Terror, Amoklauf und die ärztliche Schweigepflicht

"Die bislang bekannt gewordenen Hintergründe der schrecklichen Bluttaten von Würzburg, München und Ansbach dürfen nicht zu vorschnellen rechtlichen Entscheidungen verleiten, wie etwa einer möglichen Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht“, schreibt Dr. Max Kaplan, Präsident der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) im Leitartikel der September-Ausgabe des Bayerischen Ärzteblattes. Nach dem Berufsrecht der BLÄK haben Ärztinnen und Ärzte über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Arzt anvertraut oder bekannt geworden ist zu schweigen (§ 9 Berufsordnung). Gemäß § 203 Strafgesetzbuch (StGB) können Ärzte sogar zu Freiheitsstrafen verurteilt werden, wenn sie ihre Schweigepflicht verletzen. Ärzte dürfen jedoch Auskunft geben, soweit die Offenbarung zum Schutz eines „höherwertigen Rechtsgutes“ erforderlich ist. Wann dies den Bruch der Schweigepflicht rechtfertigt, kann nur aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls unter Zugrundelegung der Vorschrift des § 34 StGB über den „rechtfertigenden Notstand“ entschieden werden. „Wir können aber davon ausgehen, dass das Interesse an der Abwehr konkreter ‚Gefahren für Leib, Leben oder Gesundheit‘ höherwertig ist gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse des Patienten“, so Kaplan.

Die Frage, ob nicht jemand, der sich intensiv und professionell mit der Psyche eines späteren Täters befasst hat, das Unglück vorhersehen und verhindern hätte können, beschäftige derzeit unsere Gesellschaft; sie dürfe aber nicht auf dem Umweg über die ärztlichen Schweigepflicht beantwortet werden. Diese sei die Voraussetzung dafür, dass Menschen, die an psychischen Störungen litten, einen Arzt aufsuchten, weil sie sich nicht vor Stigmatisierungen oder Anzeigen fürchten müssten. „Gerade in den Sektoren Soziales, Bildung und Gesundheit müssen wir für mehr Information und Aufklärung sorgen. Wir Ärztinnen und Ärzte sind Schlüsselpersonen, um Anzeichen für Gewalt zu erkennen und zu diagnostizieren. Damit haben wir die Chance, frühzeitig für die betroffenen Patienten, geeignete Interventionen und notwendige Therapien einzuleiten bzw. diese vorzunehmen“, ist Kaplan überzeugt. Eine Erhöhung der Sicherheitsmaßnahmen sei sicherlich wichtig, doch auch hier müsse die Verhältnismäßigkeit stimmen. „Mindestens so wichtig wie das Sicherheitskonzept, ist ein Konzept, wie wir in den verschiedenen Lebenswelten wieder unsere Werte leben: Wertschätzung, Rücksichtnahme und Respektierung des Einzelnen aber auch ein Leben in gegenseitiger Verantwortung“. Die bestehenden gesetzlichen Regelungen sind für uns Ärztinnen und Ärzte voll ausreichend.

Mehr zu „Terror, Amoklauf und die ärztliche Schweigepflicht“ lesen Sie in der Ausgabe 9/2016 des Bayerischen Ärzteblattes unter www.bayerisches-aerzteblatt.de.


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