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KVB, BLÄK und agbn kritisieren angedachte Heilkundeübertragung an speziell qualifizierte Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter

Um die Notfallversorgung in Bayern vom Kopf auf die Füße zu stellen, brauche es weniger eine Heilkundeübertragung an  speziell qualifizierte Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter nach US-amerikanischem Vorbild (sogenannte „Advanced Paramedic Practicioners“), sondern vielmehr bessere Rahmen- und Arbeitsbedingungen für Notärztinnen und Notärzte, sind sich Dr. Gerald Quitterer, Präsident der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK), Dr. Thomas Jarausch und Dr. Gerhard Schwarzmann, beide Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der in Bayern tätigen Notärztinnen und Notärzte (agbn), und Dr. Christian Pfeiffer, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), einig. Am Rande der 40. Fortbildungstagung für Notfallmedizin der agbn in Berchtesgaden am 7. Oktober 2023 beleuchteten sie die Vorschläge der Regierungskommission zur Reform der Notfall- und Akutversorgung. Gerade unter den widrigen Bedingungen
einer präklinischen Notfallversorgung müsse die ärztliche Kompetenz unmittelbar am Patienten verfügbar sein. Um das auch in Zukunft zu gewährleisten, seien aber insbesondere in Bezug auf die Rahmenbedingungen für die Notarztdienste zwingend spürbare Verbesserungen erforderlich, so der gemeinsame Tenor.

„Einige der Reformvorschläge – wie etwa den angedachten Ausbau des Luftrettungsdiensts oder eine verpflichtende Erste-Hilfe-Ausbildung der Bevölkerung – begrüße ich ausdrücklich. Dass mit dem „Advanced Paramedic Practicioner“ ein neues Berufsbild geschaffen werden soll, sehe ich dagegen kritisch. Denn Notfallsanitäter verfügen bereits heute über ausreichende
Kompetenzen, Patientinnen und Patienten im Notfall zu versorgen. Außerdem droht die Gefahr, dass in der Konsequenz kein Notarzt mehr vor Ort ist, wenn der „Advanced Paramedic Practicioner“ grundsätzlich notärztliche Leistungen übernimmt und eigenständig Heilkunde ausübt“, so Dr. Quitterer. Richtig gesteuerte Prozesse im Gesundheitswesen müssten bedeuten, die
systematische, vor allem aus ökonomischer Motivation betriebene Übertragung heilkundlicher Tätigkeiten auf nicht-ärztliche medizinische Fachberufe zu beenden und endlich dafür zu sorgen, dass genügend Notärzte bzw. Ärzte zur Verfügung stehen. Dafür brauche es neben einer guten Nachwuchsförderung eine angemessenere Finanzierung des Notarztdiensts.
Eine „Generaldelegation“ oder gar Substitution ärztlicher Leistungen an Notfallsanitäter sei dagegen klar abzulehnen. Darüber hinaus sieht Bayerns Ärztekammerpräsident auch die geplante Verankerung des Rettungsdiensts als eigenes Leistungssegment in das SGB V kritisch. „Dies ist eine Taktik, um Kompetenzen im Bereich der Notfallversorgung auf den Bund zu verlagern. Dabei braucht es gerade im Notarztdienst dynamische, regional verankerte Modelle, die auf das mit vertretbaren Ressourcen bestmöglich Machbare abzielen. Gerade hier hat der Föderalismus auch seine Vorteile“, erklärte Bayerns Ärztekammerpräsident.

„Ohne Frage können und sollen unsere gut ausgebildeten Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter die erlernten Algorithmen und Notfallprozeduren nach Vorgabe der ÄLRD ausüben, auch sind sie unverzichtbar für die Notfallversorgung der Bevölkerung“, ergänzte Dr. Jarausch. „Nichtsdestotrotz erfordern Diagnose- und Indikationsstellungen sowie medizinische Maßnahmen ein Handeln nach den Regeln der ärztlichen Kunst, was insbesondere für die Notfallpatientenversorgung gilt, und noch mehr, wenn diese invasiv ist“, so Dr. Schwarzmann weiter. Erforderlich hierfür sei daher ein abgeschlossenes
Medizinstudium mit ärztlicher Approbation in Verbindung mit der täglichen Arbeit am Patienten, und das nicht ausschließlich in der Präklinik. Insofern könne die dahingehende Intention der Autoren des Reformvorschlags samt dem unterstellten Mehrwert des Notfallsanitäters mit Bachelor-/Masterabschluss weder sachlich noch fachlich nachvollzogen werden,
so die Notärzte-Vertreter.

Dr. Pfeiffer fügte hinzu: „Wir haben aktuell in Bayern eine sehr gut funktionierende Notfallversorgung mit hochqualifizierten Notfallmedizinerinnen und Notfallmedizinern. Wir sehen die Lösung für Verbesserungen im Rettungsdienst nicht in der Heilkundeübertragung auf speziell qualifizierte Notfallsanitäter, sondern in der besseren Vernetzung der derzeitigen bestehenden Strukturen. Dazu laufen in Bayern bereits verschiedene Modellprojekte. Die bisherigen Ergebnisse zeigen klare Verbesserungen, und dies ohne Schaffung neuer Schnittstellenprobleme. Hierzu zählt auch die Verknüpfung der
ambulanten und stationären Strukturen vor Ort. Dass dies funktioniert, zeigt beispielsweise unser Modellprojekt zur Notfallversorgung mit dem Klinikum Rosenheim. Dort konnte eine intelligente Vernetzung von Akut- und Notfallversorgung
das medizinische Personal spürbar entlasten. Zentrale Vorgaben aus dem Bundesgesundheitsministerium, wie die Notfallversorgung in Zukunft aussehen soll, sind für solche Erfolgsprojekte vor Ort hingegen kontraproduktiv.“

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