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Erhöhter Bedarf der „Ressource Arzt“

Im Vorfeld des 78. Bayerischen Ärztetages 2019 in München, sprach  Dr. Gerald Quitterer aktuelle gesundheitspolitische Themen an.

Notfallversorgung

„Wir sind hier in Bayern gut aufgestellt mit 110 Bereitschaftspraxen an Kliniken“, sagte Quitterer. In Kooperation mit den Kliniken sichere die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) die Versorgung der Patientinnen und Patienten mit akuten Gesundheitsstörungen – und hier müsse man ganz klar von echten Notfällen unterscheiden. Die Notaufnahmen würden entlastet; ebenso die diensttuenden Ärzte. „Das System funktioniert und bedarf keiner gesetzlichen Neuregelung. Wir leben hier sektorenverbindende Versorgung“, so Bayerns Ärzte-Chef. Wichtig in diesem Zusammenhang sei eine Steuerung der Patienten in die richtige Versorgungsebene je nach Dringlichkeit. Dabei könne es dann schon vorkommen, dass eine Behandlung nicht sofort, sondern erst nach einem Wochenende regulär durch den Hausarzt gerechtfertigt sei. Erarbeitet werde hierzu eine sogenannte systematisierte Ersteinschätzung Deutschland (SmED), in deren medizinischem Beirat Quitterer selbst mitarbeitet. Diese „Ersteinschätzung“ soll sowohl in den Vermittlungszentralen für den Bereitschaftsdienst als auch am geplanten gemeinsamen Tresen der künftigen Interdisziplinären Notaufnahmen an den Kliniken zur Anwendung kommen. (Integrierte Notfallzentren ‒ INZ)

Digitalisierung

„Das Thema Digitalisierung werden wir von Seiten der Ärzteschaft konstruktiv, aber auch kritisch begleiten“, kündigte der BLÄK-Präsident an. Konstruktiv, wenn es um die Verbesserung der Patientenversorgung, kurze Dokumentationswege, verbesserte Befundübermittlungen, den Einsatz der Telekonsile oder der Telemedizin bei der Einbindung von Versorgungsassistentinnen und -assistenten in die Patientenbetreuung, die Kommunikation mit anderen Leistungserbringern gehe, wie auch die ambulante oder stationäre Pflege, um nur einige zu nennen. Kritisch, wenn es um die reine Gewinnung von Daten gehe, die man beliebigen Algorithmen preisgibt ohne konkrete Fragestellungen. Kritisch auch, wenn neue Versorgungsebenen geschaffen würden, wie die „Video-Behandlung“ oder Behandlungspfade über Gesundheits-Apps, die schließlich sogar in eine Medikamentenempfehlung mündeten. Quitterer: „Hier verlassen wir den geschützten Raum der Arzt-Patienten-Beziehung, den persönlichen Kontakt.“ Dieser Kontakt sei unersetzlich, letztendlich dann, „wenn wir die Betreuung amLebensende betrachten, die unter dem Begriff Behandlung im Voraus planen (BVP) eine ganz neue Bedeutung gewinnt. Gemeinsame Entscheidungsfindung geht nicht mit Algorithmen oder Künstlicher Intelligenz“.

Prävention

Vermehrt will sich die BLÄK der Prävention widmen, insbesondere in Hinblick auf den Klimawandel, der zu veränderten Lebensbedingungen und gesundheitlichen Belastungen führen werde. In der Präventionskommission der BLÄK wurde diesem Thema ein eigener Stellenwert eingeräumt, denn hier seien Ärztinnen und Ärzte gefragt.

Studienplätze

„Wir brauchen künftig mehr von uns. Ich fordere weiterhin mehr Studienplätze für Medizin, denn sowohl die demographische Entwicklung als auch die Arbeits- und Lebenswelten von Ärztinnen und Ärzten haben sich verändert“, so der BLÄK-Präsident. Zudem sei eine ungesteuerte Inanspruchnahme der „Ressource Arzt“ durch die Patienten zu beobachten. Es handele sich nicht um eine falsche Verteilung, es handele sich um einen erhöhten Bedarf. In diesem Zusammenhang begrüßte Quitterer die Einführung einer Landarztquote, in der Interessenten für ein Medizinstudium jetzt die Möglichkeit haben, völlig unabhängig von der Abiturnote zugelassen zu werden. Die Landarztquote sei sicherlich ein Baustein zur Lösung des Problems „erhöhter Versorgungsbedarf“. Ab dem Wintersemester 2020/2021 sollen rund 90 Studienplätze in Bayern pro Jahr (5,8 %) Bewerbern vorbehalten sein, die später in unterversorgten oder drohend unterversorgten Regionen Bayerns hausärztlich tätig werden wollen. Natürlich mit der Verpflichtung, sich später in einem unterversorgten Gebiet niederzulassen. Das genau sei Voraussetzung für die Sicherung der medizinischen Versorgung der Zukunft. „Das kann auch durch ein von der Politik gefordertes Aufbrechen der in Deutschland bestehenden Strukturen und den Ersatz eines Versorgungssektors durch einen anderen nicht lösen. Den Ärztenachwuchs brauchen wir überall“, sagte Quitterer abschließend.

Pressestelle

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